über das weg gehen - about leaving

2022-11-02 22:22:41
(read english version below)

Mann kann einfach weggehen, dachte ich. Entweder man geht ein bisschen weg, oder man geht richtig weg, oder man bleibt. Mann kann auch bleiben und, während man bleibt, denken, eines Tages gehe ich einfach weg, und während man es denkt, bleibt man und wartet [...] und eines Tages ist man geblieben und gar nicht weggegangen, weder ein bißchen noch richtig. Und dann ist man traurig und sagt: wo ist das Leben bloß hin.

Ich bin erst geblieben und habe gedacht, eines Tages gehe ich weg [...] und eines Tages habe ich gedacht, wenn du jetzt nicht bald weggehst, bleibst du womöglich da, [...] und da bin ich weggegangen, und alle sind da geblieben wo sie waren. Erst bin ich ein Stück weggegangen und habe gemerkt, ein Stückchen ist schon Zuviel, aber noch nicht genug. Ein Stückchen ist Zuviel zum Umkehren und Zurückgehen, aber man ist noch nicht richtig weggegangen...

aus "Ich sehe was, was Du nicht siehst" von Birgit Vanderbeke.

about leaving

You can also stay and, while you're staying, thinking, one day I'll just go away, and while you're thinking, you stay and wait [...] and one day you stayed and didn't go away at all, neither a little nor fully. And then you are sad and you say to yourself: where has life gone?
First I stayed and thought, one day I'll go away [...] and then one day I thought, if you don't go away soon, you might stay here forever, [...] and then I left, and everyone was where they were before. First I walked away a bit and realized that a bit is too much, but not enough. A bit is too much to turn around and go back, but you haven't really walked away yet...

from the book: "Ich sehe was, was Du nicht siehst" by Birgit Vanderbeke - freely translated by myself



Kommentar:

abschied & aufbruch

2022-11-20 13:38:59
Die Reise blieb irgendwie unwirklich - eigentlich bis zum Zeitpunkt des Abschiedes. Durch die Sicherheitsschleuse zu gehen war am Ende dann doch kein so kleiner Schritt. Die Idee - diese Vorstellung von der bevorstehenden Reise, sie exisitere bisher nur in Gedanken. Nun wurde diese Vorstellung von der Eindeutigkeit der Erfahrung ueberschrieben. Der Flug dauerte lange. Das Essen schmeckte nach Kindheit. Die Airline servierte Landesküche. Das sollte das letzte Mal für lange sein... schoss es mir durch den Kopf. Eine lange Zeit voller Ungewissheit und Neuem liegt - noch unberührt - vor mir. Als ich nachts um 4Uhr aufwache sind wir bereits mitten über Afrika. Die Sonne ist eben aufgegangen über den Wolken, es sieht beeindruckend aus. Etwas später landen wir in Kilimangaro Airport zum Tanken sowie Aus- und Zusteigen. Dann sind wir da. Ich trete aus dem Airport Terminal in die Hitze von Zanzibar. Es ist beinah 30°C im Schatten... Afrika. Nun bin ich hier!!

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